Ostertouren: mit Ski und Schneeschuhen durch die Silvretta, Teil 2


Sonnenbrand am Piz Buin

Von unserer heldenhaften Eroberung der Dreiländerspitze im strahlendsten Sonnenschein hat ja Lisanne schon berichtet.


Am Vorgipfel der 3länderspitze (Foto: Gisela)

Zu den lawinösen Bedenken hinsichtlich des kurzen Firnschlenkers zwischen Vor- und Hauptgipfel möchte ich aus meiner Sicht anmerken, dass es sich, als die "Vorhut" aufstieg, um Stufentreten in festem Firn in der Falllinie handelte, mit höchstens drei Schritten Querung und selbstverfreilich immer nur einzeln durchgelatscht. Erschien uns nicht als so fürchterlich gefährlich, aber Experten sind wir natürlich alle nicht... vertretbares Risiko oder Glück gehabt?


Die Firnpassage unterhalb der letzten Gipfelblöcke der 3länderspitze (Foto: Aiko)

Rudelweises und abstandsloses Durchdrängeln war zu dem Zeitpunkt noch nicht in Sicht. Hätte es uns da hinein verschlagen, wäre die Risikoeinschätzung sicherlich genauso ausgefallen wie bei Alex und Lisanne.


Dreiländerspitze - Panorama, rechts der Piz Buin

21. März 2005 - Piz Buin

Die Tour auf den Piz Buin am Montag fand unter genauso herrlichen Idealbedingungen statt. Blauer Himmel, morgens noch gefrorene Oberflächen, die schön unter den Harscheisen knirschten, und am Aufstieg auf den Ochsentalferner schienen die Spaltenverfüllungen noch absolut haltbar. Und da es Montag war, war auch nicht annähernd so eine Karawane unterwegs, wie wir sie am Sonntag hatten hinaufziehen sehen.


Blick hinüber zum Ochsentalferner (Foto: Gisela)

Der Gletscherbruch glitzerte aquamarinblau im Sonnenlicht, und sogar Christine war jetzt froh über ihre Sonnenbrille, nachdem sie nach einem Tourentag "oben ohne" mit verschwollenen Augen aufgewacht war.


Eisbruch am Ochsentalferner (Foto: Gisela)

Auf dem Ferner angekommen, musste ein schier endloser flacher Gletscherhatsch bis zur Buinlücke bewältigt werden, bei sowas findet man dann die Sonne meist nicht mehr ganz so schön.
Die Buinlücke eröffnete außer einem auch nur mäßig schattigen Pausenplatz…


(Foto: stz)

… einen gigantischen Ausblick nach Süden die Tuoi-Rinne hinunter, und Alex fing schon an, glänzende Augen zu kriegen bei der Vorstellung, die nächstes Jahr mal runterzufahren.


Blick aus der Buin-Lücke in die Tuoi-Rinne (Foto: Gisela)

Als die Pausenzigaretten aufgeraucht waren, ging es an den Gipfelaufstieg - 300 Höhenmeter Genusskraxeln vom Feinsten, auch der Hamburger Geleitschutz war wieder mit von der Partie. Nach einem kurzen steilen Firnanstieg ging es in Fels und Blockwerk, mit einer veritablen "Kletter"stelle (II?), wo, wer den Fels- und Schnee-Mix noch nicht so gewohnt war, schon etwas Überwindung brauchte, dem Halt der Steigeisen auf Fels zu vertrauen. Den so genannten Kamin weiter oben identifizierte ich erst, als ich ihn durchstiegen hatte - das soll ein Kamin sein? Hab ich nicht gemerkt, ich bin einfach eine Rinne hoch…

Berni war mittlerweile schon 20 Minuten auf dem Gipfel und fing an, sich zu langweilen… also Postenübergabe. Auch nicht schlecht, den Piz-Buin-Gipfel ganz für mich allein… mit glasklarer Rundumsicht. Nur "der dahint" war von hier aus nicht zu sehen… dafür Ortler, Bernina, Fluchthorn und was weiß ich nicht alles.


Auf dem Piz Buin: Panorama mit Verstanklahorn(?) in der Mitte links (Foto: Gisela)

Irgendwann fand auch ich, dass ich jetzt lange genug oben gewesen war, brach auf - und traf ca. 30 m unterm Gipfel auf den Rest der Truppe. Aber so einen schönen Berg kann man ja ruhig zweimal "machen", also nochmal rauf und zur Abwechslung Piz Sonnencreme in netter Gesellschaft und dem Luxus von Alex' Panoramakenntnissen - phänomenal, was der alles identifizieren konnte.


Her mit der Sonnencreme… (Foto: Gisela)

So nach der obligatorischen "halben Stunde" war dann aber doch Aufbruch angesagt. So ganz wohl war mir ja nicht bei der Aussicht, die "Kletter"stelle free solo rückwärts abzusteigen, es klappte aber überraschend gut. Unten im Hang sah ich Berni und Thorsten wie die "Häschen in der Grube" im Firnhang sitzen, sie hatten ja mittlerweile ewig gewartet und waren aus der inzwischen schattenkühlen Buinlücke hangaufwärts mit der Sonne mitgewandert. Nach der langen Warterei der beiden, mit der Aussicht, dass die Seilhantierungen der anderen sicherlich noch etwas Zeit brauchen würden und angesichts des mehr als einfachen Rückweges fanden wir, wir könnten gleich aufbrechen. Gemütlicher Hatsch über den langen Gletscher, bis mir in der Mitte, als ich mal die Flasche aus meinem Rucksack angelte, auffiel, dass ich beim Aufstieg ja einen Pickel gehabt hatte…
Also die Jungs weitergeschickt (was sollten die hier Wartespielchen treiben, bloß weil mich der Alzheimer erwischt hatte), Rucksack auf dem Gletscher abgestellt und zurück… irgendwann kamen unsere Skifahrer - und Melanie hatte meinen Pickel. Daaanke! Den ganzen Hatsch bis zur Lücke zu wiederholen wäre mir doch etwas schwer gefallen.


Piz Buin + Buin-Lücke (Foto: Gisela)

Was der einen die Sonnenbrille, ist der anderen die Kopfbedeckung. Ich hatte nonchalant darauf verzichtet, den Rucksack zu durchforsten, ob ich nicht doch irgendwo ein Buff eingesteckt hatte. Dafür durfte ich den Rest der Bergferien mit knallroten, glühenden Ohren, einem ebenso schmerzhaft verbrannten Hals und einem pfannkuchenbreit angeschwollenen Gesicht herumlaufen. Piz Sonnencreme eben.

22. März 2005 - Ochsenkopf

Nach dem Piz Buin waren wir uns einig, dass es für den dritten Tourentag auch "was Kleineres" täte. Den armen Aiko hatte eine üble Magenverstimmung erwischt, auch Alex und Melanie waren angeschlagen (Füße) und legten einen Hüttentag ein. Wir anderen folgten Christines Vorschlag, über den Tirol-Ferner auf den Ochsenkopf zu gehen, reine Schneeschuhtour also diesmal.

Zunächst hieß es allerdings Steigeisen anziehen, denn gleich die ersten 100 Meter hatten sozusagen gedämpften Nordwand-Charakter. Nur Thorsten stapfte da ungerührt auf Schneeschuhen durch. Dann lockte eine ganze Weile der Rauhe Kopf, den wir ursprünglich angepeilt hatten, aber die steile Querung unter dem Gipfelaufbau, die wir da von Weitem sahen, gefiel uns überhaupt nicht, u.a. aus lawinösen Gründen. Also Ochsenkopf, wie geplant. Wieder der übliche Gletscherhatsch, diesmal immer geradeaus und stetig steigend. Christine hatte es irgendwann satt und begann wild entschlossen loszudüsen, dass niemand mehr hinterherkam - ich schon gar nicht.

Aber auch der Tirol-Ferner nahm ein Ende, es nahte die Ochsenkopfscharte.


Ochsenkopf (Foto: Gisela)

Zum Gipfel führte zunächst ein "Nordwanderl" aus angefrorenem Firn (Stufentreten und Kopfpickel), oben die übliche Genusskraxelei. Feiner kleiner Gipfel mit feiner großer Aussicht. Die wenigen anderen Touris, die sich hier herumtrieben, hörten alle in der Scharte auf und nisteten in irgendwelchen windgeschützten Felsnischen, bevor sie abfuhren, denn es blies heftig hier oben. Auf dem Gipfel übrigens am wenigsten, und wir hatten ihn ganz für uns…


Ochsenkopfgipfel (Foto: Berni)

Der Rückweg gestaltete sich höchst amüsant. Thorsten wollte nämlich angesichts der rasant hinabschwingenden Skifahrer (hach, war das schön, fast wie Piste, das hätte ich auch fahren können…) unbedingt auf der Lawinenschaufel abfahren. Leider hatte die Lawinenschaufel keine Lust - ein Bild für Götter. Nach einigen Versuchen gab er es auf, hatte aber nicht den Nerv, die Schneeschuhe wieder anzuziehen. Alles klar: hüfttief…


"hüfttief" (Foto: Gisela)

Auf der Hütte hatten Alex und Melanie wissenschaftliche Experimente mit der Getränkekarte durchgeführt, waren aber nach einer ausgiebigen Pause doch zu einer gemeinschaftlichen Piepssuchübung unter Alex' Leitung bereit. Die Einzelsuche lief ja ganz passabel, aber die Mehrfachverschüttung - oh mei! Da gibt es noch viel zu üben, vor allem in Sachen Kommunikation und Prioritätensetzung. (Alex, Melanie und Thorsten "gewannen".)


Irgendwo hier unten MUSS er doch sein… (Foto: Gisela)

Und vielleicht sollte man sich, bevor man einen Pieps zu Suchzwecken vergräbt, doch vergewissern, ob er auf "Senden" geschaltet ist... *duck*

Auf alle Fälle ergeht hier an Alex, der das Ganze organisiert hat, die gesamte Fahrstrecke am Steuer saß und wie immer mit seiner Erfahrung, seiner Umsicht und Geduld ganz erheblich den Tourenerfolg prägte, ein ganz DICKES Dankeschön!

Weiter geht´s bald mit "Nebel am Großvenediger",
Angefangen hat es mit der Dreiländerspitze.

Text © Gisela

 

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