Das Karwendel im Herbst - ein Bilderbogen


Mitte September, der Wetterbericht kündigt ein traumhaftes Wochenende an. Also Karten und Tourenbücher gewälzt - und schnell steht das Ziel fest: das Karwendel - das wilde Kalkgebirge, welches sich mit langen Anmarschwegen und steilen, langen Anstiegen gegen die Eroberung wehrt - und welches doch mit dem Kontrast zwischen schroffen Spitzen und bewaldeten Tälern einen einmaligen Reiz ausübt...

Also den Rucksack gepackt für eine Wochenendtour, die Wanderstiefel geschnürt - und nach einigen Mühen mit dem Wochenendverkehr das Auto in Scharnitz abgestellt (sollte ich etwa nicht der Einzige sein, der das Wochenende in den Bergen statt auf der Wiesn verbringen will ???).

Entlang der jungen Isar geht es aufwärts; nach kurzem zweigt der Weg ab ins Gleirschtal. Die Gleirschklamm bietet den ersten Höhepunkt der Tour - danach geht es wieder entspannt auf Forstwegen durchs Gleirsch- und, nach der Abzweigung zum Solsteinhaus, durchs Samertal weiter.

Dann wird's ernst: der erste Steilanstieg hinauf zur Pfeishütte wartet. Hier könnte man die Tour unterbrechen und die Sonne genießen - doch da der Nachmittag noch einige Stunden Licht verspricht, entschließe ich mich, zum Hallerangerhaus weiterzugehen. Nach einer kurzen Verschnaufpause geht's also weiter bergauf bis zum Stempeljoch (2215 m) - und spätestens hier wird klar, daß es kaum eine bessere Entscheidung geben konnte: die langsam tiefer sinkende Sonne taucht die bleichen Karwendelspitzen in ein fast unwirkliches Licht.

Nach einem kurzen, aber steilen Abstieg durch den Karwendel-Schotter leitet der Wilde-Bande-Steig mit einigen Sicherungen (aber unkritisch) weiter zum Lafatscher Joch - und jetzt eröffnen sich sowohl über das Inntal Richtung Zillertaler Alpen wie auch nach Norden zur Karwendel-Hauptkette unglaubliche Blicke. So oft und schnell kann der Auslöser gar nicht arbeiten, wie sich die Motive bieten...

300m tiefer ist kurz nach 19:00 Uhr das Hallerangerhaus erreicht - die Ausgabe des Abendessens ist gerade in vollem Gange. Erstaunlicherweise ist das Haus trotz des idealen Wetters nur zu etwa der Hälfte bis zwei Dritteln belegt - mir sollte es recht sein, sorgte diese Tatsache doch für eine entspannte Nachtruhe ohne "Ölsardinen-Gefühl". Nach Bergsteigeressen, Gute-Nacht-Bier, Ratschen mit der OeAV-Kletterkursgruppe und dem obligatorischen Blick in den sternenklaren Himmel ging's gegen 22:00 Uhr zur Hüttenruhe.

Der Sonntag begann, wie der Samstag geendet hatte: wolkenlos, Bergwelt zum Genießen. Und was sagt die Karte: zunächst 500 Höhenmeter abwärts bis in die Nähe des Isarursprungs. Wär ja ganz nett, wenn man nicht wüßte, daß all diese Höhenmeter anschließend als Anstieg wieder warten würden...

Und so kommt es auch auch: der Anfang des Birkkars ist erreicht, und von nun an gibt es nur noch eine Richtung: aufwärts. Mehr als 1400 Höhenmeter liegen zwischen dem Isartal und dem Schlauchkarjoch. Es wechseln sich ab: Hochwald, Latschenkiefern,. Schotterhänge, grober Fels und seilgesicherte Kletterpassagen. Doch irgendwann ist es geschafft: 2636 m ü.NN:, Schlauchkarsattel / Birkkarhüttl.

Bleibt die Frage: noch zur Birkkarspitze hinauf ? Meine Antwort war für dieses Mal nein - ohne Einbindung und Helm, mit Zweitagesrucksack hintendrauf, und auch angesichts der nun doch spürbaren Erschöpfung war mir das Risiko doch zu groß (weniger was den Weg nach oben betraf, als vielmehr den wieder nach unten...). Habe ich wegen des fehlenden Gipfels etwas vermisst ? Nicht das ich wüßte - den Genuß hat es keineswegs getrübt. Manchmal ist weniger eben mehr...

Der Rest der Tour ist schnell erzählt: Abstieg durchs Schlauchkar zum Karwendelhaus (im oberen Teil durch hartgefrorene Schnee- und Eisreste durchaus heikel), dort erst mal Radlermaß und Hauswurst mit Sauerkraut genossen. Danach dann noch der lange Hatscher durchs Karwendeltal zurück nach Scharnitz - doch das Panorama läßt den Weg kurzweilig werden...

Bleibt mir noch, Bilanz zu ziehen: in 1 1/2 Tagen etwa 3100 Höhenmeter in An- und Abstieg, sowie einige Kilometer Marschweg durch die (wunderschönen) Karwendeltäler absolviert. Laut Führer hätte ich dafür etwa 18 bis 18:30 h Gehzeit (zzgl. Pausen) benötigen dürfen - aber was ein ordentliches "Renntier" ist, unterbietet das natürlich locker: am Ende standen für den Samstag 5:55 h und am Sonntag 8:50 h Gesamtgehzeit zu Buche. Im Überblick gibt's das Ganze nochmal als Kartenskizze:

© Renntier Karsten 2004

Ach ja - und wie stand es doch in der Überschrift dieses Berichtes: "Bilderbogen".

Drum sollt Ihr ab jetzt nicht mehr länger langweiligen Text lesen müssen - ab jetzt gibt's nur noch Bilder...

Viel Spaß - und wenn Euch auch das Karwendel-Fieber erfaßt hat, dann sehen wir uns spätestens im nächsten Herbst!

Karsten

© Renntier Karsten 2004
An der Isar bei Scharnitz; Blick zum Wetterstein

© Renntier Karsten 2004
Im Gleirschtal

© Renntier Karsten 2004
Samertal - Mühlwand

© Renntier Karsten 2004
Samertal - Blick zum Sonntagkar

© Renntier Karsten 2004
Rast nahe der Pfeishütte, Blick zur Sonntagkarspitze

© Renntier Karsten 2004
Pfeishütte

© Renntier Karsten 2004
Auf dem Weg zum Stempeljoch

© Renntier Karsten 2004
Blick vom Stempeljoch zur Speckkarspitze

© Renntier Karsten 2004
Im Abendlicht: Die Wildanger-Spitze (rechts)

© Renntier Karsten 2004
Wildes Karwendel: Felskette östlich des Stempeljochs

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