Silvretta-Tourenwoche

 

Am Samstag, den 03.07.2004 machen sich Berni und ich (= Dohle) von Ischgl aus auf den Weg, um Frank, Martina und Uli zur Silvretta-Tour zu treffen. Von Alex gewarnt was die quälende Länge und Öde des Hüttenanstiegs anbelangt, haben wir, ganz Weichei, die Strecke mit Hüttentaxi abgekürzt und starteten erst an der Bodenalpe, bei herrlichstem Föhnhimmel und Blick auf weiße Gipfel auf der fast ebenen Straße zur Heidelberger Hütte. Unsere Mitwanderer waren im Gastraum der Hütte schnell gefunden (Verrückte erkennen einander ;-)). Diese waren zur Rettung der Bergsteigerehre den Hüttenanstieg ungekürzt gelaufen (allerdings mit Gepäcktransport = Weicheier-Gleichstand ;-)).


Vor dem Abendessen dann zum Appetitholen noch ein paar Kraxelübungen am "Hüttengipfelchen".



Am Abend sprechen wir über den geplanten Ablauf der kommenden Tage. Frank hat mit einem Zeichenprogramm einen phänomenalen bunten Plan der Tour mit den geplanten Etappen sowie Ausweich-/Ersatztouren samt Gehzeiten erstellt. Dieser wird nur noch der "U-Bahnfahrplan" genannt und kann hoffentlich hier noch veröffentlicht werden. :-))

Sonntag Morgen machen wir uns auf zum Kronenjoch. Die Schneestapferei ist mühsam und Uli ist gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe. Er entscheidet sich leider, die Tour nicht mitzugehen, sondern wieder zur Hütte hinabzuwandern und uns in zwei Tagen auf der Wiesbadener Hütte wiederzutreffen.





Da er nicht umzustimmen ist, erreichen wir das Kronenjoch nur zu viert. Der Gipfel der Breiten Krone überragt das Joch gerade mal um 100 Meter und ist dementsprechend schnell gestürmt. Die Aussicht lohnt, auch wenn besonders im Süden die Bewölkung schon deutlich zunimmt.



Der Abstieg zur Jamtal-Hütte ist im noch reichlich vorhandenen Schnee so schnell, dass wir uns am Finanzerstein in der Sonne legen müssen, um nicht zu früh zum Nachmittagskaffee zu kommen. Ein fettes Murmeltier läuft ganz ungeniert und geschäftig über eine Schneebrücke auf unsere Bachseite und unweit an uns vorbei.



In der Kletteranlage der Hütte versuchen wir uns noch (mit unterschiedlichem Erfolg) im InBadelatschen-Klettern und Prusiken, bevor wir uns ganz dem Feierabend hingeben. Martina entwickelt am späteren Abend eine starke Rotweinallergie und begleitet jeden Schluck mit heftigem Niesen. Berni bleibt mit Weissbier auf der sicheren Seite :)

Am Montag geht es weiter zur oberen Ochsenscharte. Bernis "schneeschuhmäßige" Routenführung (Diretissima) findet nicht immer Franks Zustimmung: Regieanweisungen von hinten dirigieren uns dann in sanften Bögen die Scharte hoch. Martina kämpft mit der Luft - sollte die Rotweinallergie am Ende doch eine Erkältung sein? So bewacht Martina unser Rucksackdepot und wir spuren zu Dritt die letzten 200 Meterchen zur Dreiländerspitze hoch. Eine Kletterstelle erscheint unserem Führer wohl etwas zu schwierig, so wird kurz unterm Gipfel umgedreht. Schade, wenn auch die Aussicht durch die letzten Meter nicht mehr sehr viel besser geworden wäre ...



Über die Schneefelder des Vermuntgletschers rutschen wir knieschonend und schnell zur Wiesbadener Hütte hinunter. Dort können wir auch Uli, den "verlorenen Sohn" wieder in unsere Runde aufnehmen. Nach Stärkung durch üppige Brettljause und Strudel, die im Bauch noch weiter Jausen und Strudeln, noch ein kleiner Hupf auf die Grüne Kuppe, um den Ochsentaler Gletscher aus der Nähe zu bewundern.


Hütte, Essen, Bedienung - alles ist wunderbar. Nur das Wichtigste, die Wetteraussichten lassen zu wünschen übrig: der Wetterbericht ist schlecht ...

So gibt es denn am Dienstag auch wegen der angekündigten Gewitter statt der Erstürmung des Piz Buin ein gräßlich vernünftiges und dabei ausgesprochen nützliches Programm: Spaltenbergungsübungen.





Nachdem jeder jede denkbare Position zweimal durchgespielt hat - oben, unten, mitte ;-))) gehen wir zum wahren Quälness-Urlaub über: Prusiken und Über-die-Kante-Münchenhausen ...



Berni, vom Ehrgeiz zerfressen, wendet die Münchhausen-Technik nicht erst oben am Wächtenrand an, sondern hievt sich mit dieser Methode von unten nach oben - und kommt letztlich dementsprechend erschöpft über die Kante gekrochen.



So werden auch hyperaktive Mitglieder ausgelastet und kommen anschließend freiwillig wieder mit zur Hütte zurück. Der Besuch beim Hüttenklettergarten endet schon nach kürzerster Zeit: Beim ersten Donnerschlag rennen wir wie die Hasen zur Hütte zurück und erreichen mit den ersten dicken Tropfen das schützende Dach.

Mittwoch: Der Wettbericht droht mit Wetterverschlechterung von Südwesten, Schneefallgrenze weiter sinkend, Gewitter, ergiebige Schauer ... alles was Freude macht. Martinas Erkältung hat sich zwischenzeitlich ordentlich entwickelt und ihre Nachtruhe gewaltig gestört. Berni hingegen, aus dem "Männerkabuff" ausgezogen und in einsames Schlafstübchen nach oben gezogen, hatte eine erholsame, schnarch- und vibrationsfreie Nacht hinter sich :-). Nach einigem Überlegen entschlossen wir uns, nicht direkt in das schlechte Wetter hineinzulaufen, das sich im Südwesten sichtbar aufbaute und immer wieder über den Ochsentaler Gletscher zu uns herüberdrückte. Also Abstieg zum Silvretta-Stausee auf abwechslungs- und aussichtsreichem Wanderweg durch blaue Enzianwiesen, blühende Alpenrosen und vorbei an Alpensalamandern, die - im Gegensatz zu uns - das eintrübende feuchteWetter ganz großartig fanden und scharenweise hervorkamen.



Da Wetterbesserung erst für Sonntag zu erwarten war, wurde dann am Madlener Haus kurzerhand das Ende der Tour erklärt. Es war eine schöne Tour, wenn auch leider wegen des schlechten Wetters viel zu kurz. Auch ich kann mich jetzt hochschwindeln wie Münchhausen (und hoffe, es niemals zu müssen).

Wir haben (nicht nur an der Dreiländerspitze) einen Sack in der Silvretta hängen und kommen wieder ...