Tourenbericht Weißkugel 28.08. - 29.08.04


Tourenbericht Weißkugel 28.08. - 29.08.04

Geführte Tour der Sektion Überlingen
Führung: Hartmut Bielefeldt

Teilnehmer: Tim Struwe, Raffaele Sebstiani, Thomas Grund, Ingmar Blau, 
Lisanne Benz (Alterspräsidentin, wie immer)


Abfahrt von Überlingen 28.08.04 Abfahrt 08:00 Überlingen, Zimmerwiese

Es waren alle pünktlich wie die Maurer. Wie immer hatte ich Fahrdienst. Wer das größte Auto hat verliert meistens. Also 5 Rucksäcke und 5 Leute rein in den Scenic. Wie immer kämpfte ich mich mühsam durch die Touri- Blechlawinen, die bis zum Arlberg noch ganz erträglich waren, jedoch ab Landeck zunehmend scheußlicher. Die üblichen älteren Herren mit Hut und viel Zeit. Die Mutti, die mal wieder unter kundiger Anleitung des Gatten fahren durfte, unsere niederländischen Nachbarn, die mit ihren Blechwohnbüchsen die Straßen verstopfen und nicht zu vergessen ein hartnäckiger Schinkenlaster aus Sulden, der uns auf dem ganzen Weg von Pfunds bis zum Reschen erhalten blieb, frei nach dem Motto - ich lasse die Blechkarawane nicht an mir vorbei. Aufatmen also nach dem Reschenpaß und hinein mit Schwung ins Langtauferer Tal bis Melag. Ankunft: 11:30

Wir begrüßten Tim, der zu uns aus Wolkenstein angereist war. Kurz die müden Glieder gestreckt- zu Dritt auf dem Rücksitz ist nicht bequem. Schnell waren die Rucksäcke geschultert und es ging los. 



Ab Melag problemloser Aufstieg (570hm) über Panoramahöhenweg bis zur Weißkugelhütte (2.557) in 2,5 Stunden. Wie immer meine bange Frage: SCHAFFE ICH ES ALS ALTERSPRÄSIDENTIN MIT DEN YOUNGSTERS MITZUHALTEN. Diesmal besonders kraß. Keiner über 30 außer Hartmut - aber der zählt als Profibergsteiger nicht als Entlastung - und der jüngste 15 mit 10jähriger Bergerfahrung (stimmte wirklich, der Bursche hatte es drauf). Die Frage, ob mein Altersheim abgebrannt sei und ich nun in die Hütte umziehen müßte, fiel zum Glück nicht. Aber trotzdem erst mal vorsichtiges Beschnuppern. 



Um 14:30 angekommen fiel der Hintere Schmied, der sich über der Hütte erhebt und eine respektable Höhe von 3.100m mißt, dann aus Zeitgründen aus. Lieber die allseits beliebte und vernachlässigte Spaltenbergung üben. Mhmmm.. . wie war das noch mal, wo kommt welche Prusikschlinge hin??? Also falls einer reinfällt doch lieber den Mannschaftszug anwenden, was bei zwei Seilschaften à 3 Mann ja prima laufen sollte. Dank an Hartmut, dass er so umsichtig war, sich des Themas zuzuwenden. Weil jeder nimmt sich ja fest vor: ich üb das Mal daheim am Treppengeländer. Hoffentlich kommt nie der Ernstfall.

Die Weißkugelhütte macht äußerlich gesehen einen etwas baufälligen Eindruck, ist aber restauriert worden und das sieht man eher innen. Die Hütte füllte sich am Nachmittag erstaunlich schnell und es wurde in den Schlafräumen eng und kuschelig. Wer sich für den nächsten Tag klettertechnisch in Form bringen wollte, konnte schon mal den Aufstieg ins Stockbett free solo üben also nicht A0 mit Leiter. Verschärfung: Nachts mit Stirnlampe

Trotz Überbuchung und 2 Schichtenessen möchte ich mich über die Hüttenwirtin besonders lobend äußern. Trotz Getümmel, die Ruhe in Person und ein Superessen auf den Tisch gestellt. Minestrone, Salat, Käseschnitzel mit Basilikumkartoffeln und als Nachtisch: handgeschnitzter Fruchtsalat mit Eis. Wenn das kein Luxushüttenessen ist, weiß ich es auch nicht mehr. 
Trotz allgemeinem Hüttengedränge verlief die Nacht dank Oropax dann auch sehr ruhig. Habe sogar ausnahmsweise mal gut geschlafen.

Sonntag, 29.08.04

Aufstehen um 05:30 (für mich mal wieder zu spät und hektisch, aber Oropax hört keinen Wecker). In Windeseile Kram packen, d.h. alles entfernen aus dem Rucksack, was man nicht den Berg hochtragen will. Reichhaltiges Frühstück (lecker Vinschgauer Brot, Wurst, Schinken, Speck, Käse und Müsli), In Halbpension enthalten war Marschtee soviel man wollte. Dann alle noch mal auf's Klo (wohlgemerkt italienisches Stehklo, das geht immer schnell weil unbequem)

Abmarsch mit etwas Verzögerung um 06:30 und auf zum langen Hatsch bis zum Langtauferer Ferner über die übliche Bröckelmoräne. Angeseilt und los. Es ging in gemütlichen und nicht zu steilen Kehren über den überraschend gut verschneiten und wenig verspalteten Gletscher. War mal wieder die langsamste wie üblich. Bin ja auch keine 20 mehr. Aber die Jungs haben es mit Fassung getragen.



Kurze Rast am Weißkugeljoch und Beratschlagen wie es weiter gegen soll. Nee, der Grat sieht bei dem Wetter einfach zu blöd aus. Also weiter zum Hintereisjoch, eine siffige Steileiswand (die den Eintrag ins Tourenbuch: Meine 100 schönsten Wege im Siff verdient) Also mit Eisschrauben hochgesichert, wäre m.E. nicht nötig gewesen, weil wenig Absturzgefahr. Aber wir hatten ja einen umsichtigen Führer. Weiter über Gletscher mit Gegenanstieg !!!! bis zum steilen Firnrücken der Weißkugel und endlos lange den Buckel raufgekeucht. Nun wurden auch die Jungs mal langsamer und blieben freiwillig stehen. 



Am Ende dieses breiten Firnbuckels ein schöner Gipfelaufbau mit feinster Blockkletterei (schätze II) in 2 Etappen. In manchen Tourenberichten habe ich dies als extrem ausgesetzt und mit Sicherung empfohlen gelesen. Aber wenn ich das als Sicherheitsfanatiker nicht schlimm fand, dann war es auch eher nicht heikel. 

Am Gipfelkreuz kurz angeschlagen und wieder unseren Blockgrat zurück. Nun stand uns noch das Hintereisjoch im Abstieg bevor. Hartmut entschloß sich zur Abseilaktion, die allen Spaß gemacht hat, aber erfahrungsgemäß immer etwas langwierig ist. Leider zog mittlerweile feinster Graupelschauer auf und es wurde sehr schattig. Wir stellten uns vor, dass andere Leute um diese Jahreszeit auf Teneriffa am Strand liegen. Was hat uns bloß hierher geführt??? Um 17:00 bin ich dann doch recht erledigt wieder an der Hütte angekommen. Aber den Jungs gegenüber nichts anmerken lassen . Lächeln, Lisanne, nicht schwächeln. Alles in allem 10.5 Stunden mit incl. Pause. War dann doch etwas länger als geplant.

 

Den anschließenden Powerabstieg habe ich mir dann verkniffen, weil ich ja noch die knapp 300km Fahrt vor mir hatte. Bin dann langsam mit Thomas, der auch die Schnauze voll hatte, den langen Hatsch ins Tal nach Melag angetreten. Na soviel schneller war der Rest der Truppe auch nicht. 18:40 am Auto angekommen: DER WOLKENBRUCH schlechthin. Schwein gehabt, da wären wir ziehmlich naß geworden.

Nachdem Taxi Benz alle in abgesetzt hatte, war der Tag dann um 22:00 zu Ende. Im meinem Auto befindet sich noch eine Butterbrotdose, die Teilnehmerliste, Internetfotos (kann also nur von Hartmut) sein und eine schwarze Leggins Größe 164 (deutet auf Raffaele. Die üblichen Überbleibsel, die sich am Ende einer Tour in einem Großraumtaxi befinden.

Bleibt mal wieder die Frage, warum tut man sich solche Strapazen an? 

Also bis zum nächsten 3.000er.


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